Warum Rassezucht

Mit dieser Frage, nach dem Sinn einer Rassehundezucht wird man, so man sie sich als Züchter nicht schon selbst gestellt hat, schnell konfrontiert.

Gibt es nicht schon genug Hunde?
Warum holt ihr nicht erst mal Tiere aus den Tierheimen?
Ist das nicht total unnatürlich?
Ist das nicht alles Quälerei mit den Standards?

….. sind die Fragen, die man sich stellen lassen muss, wenn man sich mit dem Gedanken trägt Hunde zu züchten, oder dies schon tut.
Ich möchte hier ein paar Antworten geben, die mir persönlich dazu einfallen. Natürlich mag da mancher anderer Ansicht sein, denn ich kann hier nur für mich sprechen.

Es wird rein zahlenmäßig stimmen, dass es schon genug Hunde gibt. Nur ist nicht jeder Hund für jeden Menschen geeignet und nicht jeder Mensch für jeden Hund. Eine Familie hat andere Bedürfnisse, als ein alleinstehender alter oder junger Mensch. Jemand der gerne Reisen unternimmt, stellt andere Ansprüche an seinen vierbeinigen Begleiter, als jemand der nur zu Hause ist. Menschen mit Behinderungen benötigen andere Eigenschaften bei einem Hund, als Menschen ohne Behinderungen.

So sind die verschiedenen Rassen ja  letztlich erst entstanden. Nach neuesten Erkenntnissen ist es nicht ganz abwegig, wenn nicht sogar wahrscheinlich, dass sich der Mensch nicht den Wolf als Begleiter gesucht hat, sondern sich der Hund vor ca. 15.000 Jahren aus den Wölfen entwickelt hat, die sich von sich aus dem Menschen angeschlossen haben, weil sie (zunächst) von deren Abfällen partizipieren konnten. Somit ist er das älteste Haustier und dadurch haben sich Verbindungen entwickelt, die auch der Menschheit ermöglicht haben, mit Hilfe ihrer vierbeinigen Begleiter Grenzen zu überschreiten und heute dort zu sein wo sie ist.
Die verschiedenen Rassen haben sich dann aus dem Zweck, für den der Mensch den Hund benötigte entwickelt.
Hütehunde, Jagdhunde mit verschiedenen Aufgaben, Schlittenhunde und Hofhunde sind nur einige Beispiele für Aufgaben und Hilfe/Schutz, die der Hund uns in der gemeinsamen Geschichte bot und heute noch bietet.
Wenn jemand einen Hund aus einem Tierheim holen kann und damit umgehen kann ist es eine wunderbare Sache und ich freue mich für jeden Hund, der auf diese Weise zu einem neuen Zuhause findet. Wer aber Hunde mit bestimmten Eigenschaften sucht, wird nicht umhin kommen sich einen Rassehund zu kaufen (Ausnahmen bestätigen sicher auch hier die Regel).

Die Domestizierung des Hundes ist, nach den oben angeführten Erkenntnissen ein natürlicher Prozess gewesen, so ähnlich wie die Putzerfische, die sich an einen Hai hängen und mit ihm eine Symbiose eingehen.
So ist auch die Spezialisierung der Hunde zunächst recht natürlich abgelaufen und die Leistungsfähigkeit, somit die Gesundheit der Tiere stand immer an erster Stelle. Die Zuchtschauen des 20 Jahrhunderts, mit übertypisierten Standards haben hier eine bedauerliche Veränderung herbeigeführt. Ein Fehler in der Fellfarbe wurde und wird auch heute noch oft schwerer bewertet, als z.B. das Wesen des Hundes oder die körperliche, zweckbezogene Leitungsfähigkeit, weil die Schauen von dem “Berufsalltag” des Hundes abgetrennt sind.
Dies ist inzwischen bei einigen Vereinen rückläufig und die Gesundheit der Tiere wird wieder mehr in den Mittelpunkt gestellt. Nur ist natürlich Zeit von Nöten, um die zum Teil hochgesteckten neuen Ziele zu erreichen.

In diese schaubezogenen Züchtungen, die für die Tiere gern auch mal zur Qual werden, fallen besonders Hunde, die ihren ursprünglichen Zweck heute eingetauscht haben, gegen ein Dasein als “Couchpotato”. Einst kraftvolle, mutige Bullenbändiger mit zweckmäßig geformtem Fang und speziellen Falten zum Abfließen des Blutes (um nicht in die Augen zu geraten) ist der “English Bulldog” heute, nach züchterisch herbei geführter Übertypisierung, oft nur noch das Schandbild, mit verschiedenen Erbfehlern, eines Zuchtstandards, der immer noch Gültigkeit hat. Dabei ist er jedoch ein absolut liebevoller, ausgeglichener Zeitgenosse.

Ähnlich verhält es sich mit dem Mops und damit wäre ich endlich wieder beim Thema. Neben anderen Kleinhunden Rattenfänger im chinesischen Kaiserpalast sein, war dort seine erste Aufgabe. Entsprechend war ein kurzer kräftiger Fang, in den man nicht so leicht gebissen werden kann von Vorteil. Beißen sollte er aber schon können – natürlich nur die Ratten und nicht die “Hofschranzen” – somit wurde bei seinem Wesen darauf geachtet, dass er dem Menschen sehr freundlich zugetan und liebevoll ist. Dabei wendig, schnell, schlau und ein Meutehund, denn wie sollte er sonst so schnelle Tiere, wie Ratten jagen können.
So kam er, wie schon an anderer Stelle zu lesen nach Europa und wurde nach längerer Zeit ebenfalls durch einen neuen Standard in den neunzehnhundertfünfziger Jahren zu solch einer Karikatur der Extremzucht.

Was diese beiden letztgenannten Fälle betrifft, muss ich Euch zustimmen, die ihr gegen die Rassezuchten wettert und kann nur sagen: Ich versuche und mit mir andere, genau dies besser zu machen. Die Leistungsfähigkeit und Lebensfreude der Hunde muss wieder viel intensiver Inhalt der Bewertungen werden. Aber wir dürfen keine Wunder erwarten. Einige Jahre werden noch ins Land gehen, bis die Qualzuchten ganz und gar aus der Welt geschafft sind. In erster Linie liegt es an den Züchtern und deren Überzeugungen!

Ein Rassehund ist aber auch ein Kulturgut! Jeder Züchter, der sich mit einer gesunden Form der Hundezucht befasst, betreibt Kulturerhalt! Dies übrigens ohne öffentliche Förderungen und Subventionen – nur mal so am Rande….
Unsere Hunde sind in erster Linie gesund und entsprechen, zumindest in Teilen, erst in zweiter Linie einem Standard. Ein zu heller Aalstrich oder ein nur einfaches Posthorn als Rute, sehe ich ganz entspannt als Tribut an die Gesundheit unserer Hunde an. Eine sichtbare Nase (bzw. die Veranlagung dazu), Hochbeinigkeit und einen schlanken Wuchs, der noch mit dem Grundsatz “multo in parvum” (viel Hund auf kleinem Raum) vereinbar ist, sogar als absolutes Muss.

Und unsere Hunde sind und bleiben Möpse! Nach alten Vorbildern halt und soweit wir das beeinflussen können, gesund!

Mehr solcher gesunden Hunde sind eine Bereicherung unseres Alltags und ich kann nur hoffen, dass sich viele Züchter auf den Sinn und Zweck der Rassehundezucht besinnen und wieder mehr auf die Gesundheit achten, denn nur dann ist Rassehundezucht sinnvoll!